11.08.2022 - News Angekommen

Ein Jahr ist es her, da war Flavio Aeberhard genauso nervös wie die 293 jungen Leute, die diesen August ihre Lehre bei der Migros Aare begonnen haben. Oder vielleicht sogar ein wenig mehr. «Ich hatte Angst vor der Schule, weil ich dachte, das sei zu schwierig für mich.» Sofort fügt er an: «Aber bis jetzt schaffe ich es gut.»

Flavio Aeberhard ist angekommen. Keine Selbstverständlichkeit. Denn vor der neunten Klasse hatte er «noch keinen Plan». Er schnupperte auf dem Bau, in einer Werkstatt, als Florist oder Koch und konnte sich doch für keinen Lehrberuf entscheiden. Sein Zwillingsbruder Nico hingegen wusste von Anfang an: Der Verkauf soll es sein. Der um eine Minute ältere Bruder liess sich von diesem Enthusiasmus anstecken. Nun arbeitet Nico seit einem Jahr in der Filiale Grenchen und Flavio als einer von neun Lernenden in der Migros Bubenberg. Beide mit viel Freude. «Nur schade, dürfen Familienmitglieder nicht in der gleichen Migros arbeiten», sagt Flavio Aeberhard. Die beiden sind mehr als ein Herz und eine Seele.

Und dennoch: In der Migros Bubenberg fühlt er sich auch fast ein wenig zu Hause. «Hier arbeiten tolle und einfühlsame Leute.» Er erzählt, wie der Marktleiter ihn fördert und ihm nicht einfach alles vorkaut. «Zum Beispiel fragt er mich, warum wir diese Ware genau hier präsentieren, dann muss ich mir Gedanken machen dazu.» Und er fügt an, wie seine Berufsbildnerin jederzeit für ihn da sei – sei es bei fachlichen Fragen oder wenn ihn sonst etwas plagt. «Sie ist die Beste.»

Nicht immer verlief das Leben der Zwillinge reibungslos. Ein Heimaufenthalt half den beiden zurück auf die Spur. Die Lehre tut nun das Ihre dazu. Am liebsten arbeitet Flavio Aeberhard im Rayon «Früchte & Gemüse». «Da ist alles frisch und sieht so strahlend aus, zudem sehe ich das Tageslicht.» Alle zwei, drei Monate wechselt er die Abteilung. Als nächstes wird er häufiger an der Kasse sitzen, darauf freut er sich, er, der so gerne für einen Schwatz zu haben ist.

Weil er viele Menschen trifft, gefällt ihm die Arbeit so gut. «Ich sehe jeden Tag neue Gesichter, lerne Leute kennen und kann ihnen erst noch helfen.» Er weiss, in der Migros Bubenberg schnappen sich einige ihren Eistee, zahlen und verschwinden nach einer Minute wieder aus dem Laden. Es gibt aber auch die anderen, die in Ruhe einkaufen und zu einem Produkt etwas wissen möchten. «Daraus ergibt sich manchmal ein längeres Gespräch, das schätze ich.»

Jede Woche kann er zwei Stunden in der Filiale für die Schule lernen. Das reichte ihm im ersten Lehrjahr, um den Schulstoff zu bewältigen. Zwei Mal pro Woche besucht er die Berufsfachschule des Detailhandels in Bern. Dort hat er genauso Glück gehabt «mit den Menschen wie in der Filiale». Es sei eine lustige Truppe mit ausnahmsweise mehr Jungen als Mädchen. Mit einigen von ihnen trifft er sich auch in der Freizeit. Sein Lieblingsfach: Wirtschaft. Was er weniger mag, will er nicht sagen: «Ich will doch nicht frech sein.»

Marktleiter Shaip Avdullahi schwärmt von seinem Schützling: Er sei humorvoll, wissenshungrig und sehr anständig. «Das kommt sicher gut bei ihm – er wird seinen Weg machen.» Und der 17-Jährige weiss sogar schon, welchen er einschlagen möchte. «So schnell wie möglich, möchte ich noch mehr Verantwortung haben und selbst eine Filiale führen.» Flavio Aeberhard ist zwar ohne Plan gestartet, dafür ist nun das Ziel umso klarer.