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Vom Melectronics in die Super League

Viele Verletzungen verhinderten Eric-Pierre «Pi» Zürchers Karriere als Fussballprofi. Nun sorgt er dafür, dass die Spieler des FC Thun fit sind. Das Rüstzeug als Konditionstrainer holte sich Pi einst an der Klubschule Migros. Und unterrichtet heute noch dort.

Inhaltsbild Pi Zürcher

Ich hätte sogar meine Grossmutter verkauft, um Fussballprofi zu werden», sagt Eric-Pierre Zürcher und lacht laut. Doch eine Sprunggelenkverletzung nach der anderen warfen den Berner zu weit zurück. Mit 20 verliess Pi, wie er von allen genannt wird, das Spitzenteam der YB-Junioren. «Seither lebe ich im Hier und Jetzt. Wer sich ständig ein Ziel setzt, der wertet den Moment ab.» Im Migros-Restaurant neben der Stockhorn-Arena in Thun isst Pi ein paar Gabeln Ratatouille. Der 50-Jährige will beim FC Thun «der Mann sein, den er während seiner Aktivzeit so vermisst hat». Ein Trainer, der nicht nur darauf achtet, dass die Fussballer Muskeln haben, sondern auch genug schlafen und gesund essen. «Nicht mehr bringt mehr, sondern gezielt bringt mehr», sagt Pi. Tatsächlich beklagte der FC Thun in den letzten Jahren am wenigsten Verletzte in der Super League.

Inhaltsbild Pi Zuercher - Fussballstadion

Kleiner Rebell

Das liegt auch an Pis unkonventionellen Methoden. «Ich hinterfrage alles», sagt er, und der Rebell in ihm drückt durch. Leistungstests schaffte er in Thun ebenso ab wie das Tragen eines GPS für die Spieler. Daten will er keine. Und Konditionstraining gibt es nur mit Ball. «Darum mögen mich die Spieler wohl auch ein wenig», sagt Pi, «ich bin kein Schleifer.» Statt dass einer stundenlang im gleichen Tempo Runden rennt, rackert das Team gemeinsam im Spiel. Das fördert «die kollektive Schnelligkeit», wie Fachmann Pi es nennt. Auf dem Hometrainer zu Hause wälzt Pi ein Fachbuch nach dem andern und bildete sich 2014/2015 an der Uni in Barcelona weiter als Konditionstrainer im Mannschaftsspitzensport. 
 

Lehre bei der Migros

«Meine Karriere verdanke ich auch der Migros», sagt Pi. Als seine Eltern ihn drängten, eine Ausbildung zu machen, absolvierte er mit halbem Herzen eine zweijährige Lehre als Unterhaltungselektroniker im Melectronics im Wankdorf. Im Kopf hatte der junge Mann trotz vieler Verletzungen nur den Fussball. Während seiner Rehabilitationen verbrachte er mehr und mehr Zeit im Fitnesscenter Time-Out in Ostermundigen - auch das gehört zur Migros. Irgendwann trainierte er nach einer Schnellbleiche selber die ersten Kunden dort. «Manchmal hatte ich sieben Kunden gleichzeitig und vergass dann ein paar, die auf dem Velo sassen. Das würde heute nicht mehr gehen», erzählt er lachend. Pi liess sich an der Klubschule zum Wellness- und Fitnesstrainer ausbilden. An der Klubschule Migros unterrichtet er trotz seines Engagements beim FC Thun heute noch zukünftige Fitnessinstruktoren an fünf Nachmittagen pro Jahr. «Das ist toll, es sind Leute, die unbedingt lernen wollen.»
Unterdessen hatte er seinen Traum vom Leben als Fussballprofi aufgegeben. In der Freizeit spielte er weiterhin hobbymässig und amtete als Trainer in verschiedenen Ligen. 2008 holte ihn der FC Thun als Assistenztrainer, nach dem Aufstieg 2010 in die Super League rutschte Pi immer mehr in die Rolle des Konditionstrainers. Seine Figur verrät, dass er selber auch fit ist: Mindestens drei Mal pro Woche läuft der Berner der Aare entlang, dazu kommen Fitnesstrainings sowie Spaziergänge mit seiner Lebensgefährtin und Sohn Yannick (7). «Ein Konditrainer mit Beule vorne macht sich nicht so gut.»